Reduziert Händchehalten Stress?
Ist Händchenhalten peinlich oder nur für frisch Verliebte?
Warum fühlt sich eine Umarmung so gut an?
Ein Streit mit einem Kollegen hat Sie aufgewühlt. Auf dem Heimweg haben Sie vor lauter Ärger fast einen Autounfall gebaut, weil sie sich nicht auf den Verkehr konzentriert haben. Sie kommen zu Hause an und merken, dass Sie vergessen haben unterwegs zu tanken. Gerade als Sie maximal frustriert sind, kommt Ihr Partner Ihnen entgegen, nimmt Sie in den Arm und sagt Ihnen ein paar liebe Worte. Plötzlich ist alles gar nicht mehr so schlimm.
Heute geht es um die Regulation der Gefühle durch soziale Verbindungen und die Frage: Reduziert Händchehalten Stress?
Prof. James Coan, klinischer Psychologe an der University of Virginia hat 16 Probanden in die “Röhre” gesteckt. Mit einer funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) konnte er messen, dass unter Stress der Präfrontale Kortex des Gehirns aktiviert wird. Auch schüttet der Hypothalamus, der oberstes Zentrum des Hormonsystems ist, viele stressaktivierende Hormone aus.
Im Studienaufbau wurden den Probanden blaue Ringe gezeigt, wenn alles okay war. Sahen sie ein rotes Kreuz, so wurde damit angezeigt, dass in Kürze ein Elektroschock am Knöchel ausgelöst werden würde.
Beim Händchenhalten mit ihrem Partner wurde in diesem Szenario vergleichsweise eine sehr geringe Gehirn- und Hormonaktivität gemessen. Der Präfrontale Kortex war wenig aktiv und die Adrenalinwerte stiegen nur wenig an. Das funktionierte auch beim Händchenhalten mit einer fremden Person, wenn auch in geringerem Maße.
Auch Forscher des Family Institute der Northwestern University in Chicago berichten, dass Berührungen den Stresspegel senken. Paare hatten an Tagen, an denen sie häufig Händchen hielten und sich umarmten, deutlich reduzierte Werte des Stresshormons Cortisol im Blut. Körperliche Beschwerden, zum Beispiel Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Magenschmerzen, Hautreizungen und Schlafstörungen konnten durch Körperkontakt reduziert werden.
Prof. Beate Ditzen erforscht an der Uni Heidelberg die Psychobiologie des Stresses. Sie unterzog 67 Frauen dem folgenden Test:
- Nachgestelltes Vorstellungsgespräch für ihren Traumjob mit 5-minütiger Selbstvorstellung
- Lösung mündlich gestellter Kopfrechenaufgaben.
Die Frauen waren in drei Gruppen unterteilt:
- Gutes Zureden vor dem Test
- Nackenmassage vor dem Test
- Alleiniges Warten bis zum Test.
Testergebnis: Die Stresswahrnehmung war in allen Gruppen gleich. Die Frauen mit der Nackenmassage hatten eine geringere Zunahme der Pulsfrequenz und weniger Cortisolausschüttung als die Frauen in den anderen beiden Gruppen.
Professor Coan erlitt ironischerweise im September 2018 einen Herzinfarkt. Sein Kommentar: “I was just working night after night, not taking care of myself at all.”